Welche Worte geben Ihnen und anderen Menschen Kraft und Wärme?

Der koreanische Künstler Kyungwoo Chun macht die Versorgungsnetze für Wasser, Strom, Gas und Wärme zum Ausgangspunkt eines ungewöhnlichen Kunstprojekts. Eingeladen sind 2700 Mitarbeiter der swb AG - dem Energieversorger in Bremen und Bremerhaven. Alle Teilnehmer können Worte nennen, die ihnen und anderen Menschen Kraft und Wärme verleihen. Die Worte werden anschließend auf die verschiedenen Rohre und Kabel geklebt und ab September 2011 in den Erdboden der Stadt verlegt. Die Standorte und die Namen aller Teilnehmer werden auf der Website des Projektes dokumentiert.

Die Energie- und Wasserleitungen sind die Lebensadern der Stadt. Sie bilden ein komplexes Netzwerk, das alle Haushalte miteinander verbindet. Und doch sind die Rohre und Kabel in der Regel nicht zu sehen. Nur bei einer Versorgungsunterbrechung werden sie von der Bevölkerung zumeist negativ wahrgenommen. Kyungwoo Chun will die unterirdisch verlegten Versorgungsleitungen neu ins Bewusstsein der Bürger bringen. Er gibt den Teilnehmern, aber auch einer interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit, unabhängig vom Arbeitsalltag über die Bedeutung von Energie in ihrem Leben nachzudenken.

Das Projekt „Die unsichtbaren Worte“ ist der Versuch, neben materiellen, auch geistige Verbindungen von und für Menschen herzustellen. Im Zusammenwirken der einzelnen Teilnehmer entsteht so allein mit Worten ein Kunstwerk, das sich nach und nach über das gesamte Stadtgebiet ausbreitet. Genau wie die Versorgungsleitungen sind die „unsichtbaren Worte“ nicht zu sehen, aber in den Gedanken und Gesprächen der Beteiligten können sie wirksam werden. Und eines Tages werden die Worte womöglich wieder freigelegt und neu betrachtet. Das kann in naher Zukunft oder erst in mehreren Jahrzehnten geschehen.


Über den Künstler

Kyungwoo Chun (*1969 in Seoul) initiiert seit vielen Jahren Performances, an denen das Publikum aktiv beteiligt ist. Es handelt sich um zeitlich begrenzte Prozesse, die individuell oder als Gruppe durchgeführt werden können. Kyungwoo Chun tritt dabei als Autor und Initiator weitgehend in den Hintergrund. Er gibt einen Handlungsrahmen vor, in dem die Teilnehmer eigenständig agieren können.

Sie haben in der Regel die Möglichkeit, etwas Eigenes zu hinterlassen. Manchmal ist es ein persönlicher Gegenstand, eine Fotografie oder auch nur die Antwort auf eine Frage. In einigen Fällen ist bereits die körperliche Präsenz ausreichend. So sollten die Teilnehmer einer Performance in Barcelona für fünfzehn Minuten eine fremde Person umarmen. Die Sensibilisierung für eine veränderte Wahrnehmung von Zeit, der intensivierte Dialog mit sich selbst und anderen sind wesentliche Momente dieser künstlerischen Praxis.

Parallel zu den Performances entstehen seit Mitte der 1990er Jahre fotografische Arbeiten. International bekannt wurde Kyungwoo Chun durch seine Porträts, von denen viele eine charakteristische Bewegungsunschärfe aufweisen - eine Folge außergewöhnlich langer Belichtungszeiten. So unterschiedlich die künstlerischen Ansätze auf den ersten Blick anmuten, die Performances wie auch die Fotografien sind für Chun gleichermaßen „sichtbare Manifestation dessen, was nicht sichtbar ist“.

Das Werk von Kyungwoo Chun wurde in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa und Asien gezeigt. Darüber hinaus hat er zahlreiche Performances unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt, u.a. in Barcelona, Seoul, Berlin, Prag, Liverpool, Lissabon, Bremen und Kopenhagen. Kyungwoo Chun lebt und arbeitet in Bremen und Seoul.


www.kyungwoochun.de